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Philosophischer RatAntworten auf Ihre Philosophischen Fragen
Vergeben und Verzeihen
Seitdem ich das Haus meines Vaters als junge Frau verliess, haben wir fast keinen Kontakt mehr gehabt. Er war weder bei meiner Hochzeit noch interessierte er sich für die Geburt oder die Taufe meiner beiden Kinder. Sein ganzes langes Leben - er ist jetzt 94 - versteckt er sich, getrieben von der Angst um sein Geld. - Glauben Sie mir: keiner seiner Angehörigen - auch mein älterer Bruder nicht - keiner interessiert sich für das Geld. Ich bin inzwischen 58 und habe selber Enkel. Gestern war eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter. Mein Vater sagte, er wäre wegen einer Gallenblasenoperation im Krankenhaus, ich solle ihn besuchen, er will mich um Verzeihung bitten. Ich habe ihn noch nicht im Krankenhaus besucht und weiss daher nicht, weswegen der alte Mann nun auf einmal Abbitte leisten will. - Ehrlich gesagt, habe ich überhaupt keine Lust dazu! Dieser Mensch hat über mein Leben einen dunklen Schatten geworfen. Soll ich ihm seinen Seelenfrieden zurückgeben? Kann ich das überhaupt? Ist mein eigener Seelenfrieden gefärdet, wenn ich ihm nicht rechtzeitig verzeihe? Muß ich ihm gar verzeihen, weil er - wegen seines hohen Alters - jederzeit sterben könnte? (Hildegard, Essen den 26.02.02)
"Mit der Bereitschaft, meinen Frieden mit ihm zu schließen, habe ich meinen Vater tatsächlich im Krankenhaus besucht. Mit den Worten: 'ich brauche niemanden, Hildegard' begrüßte er mich, um mir dann die gute Nachricht mitzuteilen. Die Operation war inzwischen gut verlaufen und es bestand Aussicht, daß Vater das Krankenhaus in absehbarer Zeit wieder verlassen dürfte. (...) Der weitere Smalltalk erinnerte mich mehr an eine Begegnung mit einem Fremden. Er berichtete von seinem geplanten Autokauf, dem Rasen, der dringend gemäht werden müßte, dem Schornsteinfeger (...) Was er denn am Telefon gemeint habe, fragte ich ihn. Hätte er vergessen, sagte er. 'war nur so'n Anfall'. (...) Ich war nicht besonders überrascht und eigentlich auch nicht einmal enttäuscht, da ich mir ja bereits vor der Begegnung mit meinem Vater nichts vorgetäuscht hatte. Wie Sie sagten: Einem Freund hätte ich verzeihen können, was soll ich dann einem Fremden übel nehmen? (...) Mein Vater ist im Juli 2002 an einem Herzinfarkt im Krankenhaus gestorben, ohne dass wir bis zu seinem Tod nochmal Kontakt aufgenommen haben (...) (sinnsuchen.de
23.12.02)
Parallelität privater und öffentlicher Ereignisse
Nach dem 11.Sep.01 andere Sicht der Dinge; Merkwürdige
Parallelität meiner privaten und öffentlichen Ereignisse, Erschütterung.
Habe noch keine neue Ordnung meiner Gedanken und Gefühle wiedererlangt.
(Anonymus, 07.02.02)
Zwischen privaten und öffentlichen, zwischen singulären und allgemeinen Ereignissen gibt es immer eine Wechselwirkung. Doch was ist hier die Ursache, was ist hier die Wirkung? Der Zusammenhang zwischen Ihrer individuellen Erfahrung mit Bikulturalität und dem 11. September ist zuerst ein ganz persönlicher und kann daher auch nur von Ihnen als Person, nicht aber durch Verallgemeinerungen wirklich gelöst werden. Doch da dieser Zusammenhang für Sie real ist und Sie auch aktiver Bestandteil dieser Welt sind, ist er auch tatsächlich in der Welt. Dennoch kann Ihre Geschichte keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Pointiert ausgedrückt: Sie sind m. E. kein geistiges Opfer des 11. September. - Vielleicht hat dieses Ereignis eine bereits prekäre Beziehung noch stärker polarisiert. Ob und auf welche Weise dies der Fall ist, entzieht sich meiner Kompetenz. Persönliche Enttäuschungen - egal wie fremdverschuldet sie im Einzelnen auch erscheinen mögen - dürfen keinesfalls zum allgemeinen Maßstab für die Weltsicht werden. Die Ordnung Ihrer Gedanken und Ihrer Gefühle werden Sie nicht dadurch wiedererlangen, daß sie aufgrund Ihrer negativen Erfahrungen Rückschlüsse auf andere Kulturen, Denkformen und Lebensweisen ziehen, oder sich mit Leuten zusammentun, die dies auch tun. Im Gegenteil: Ihre Ent-täuschung zeigt, daß Sie sich bereits getäuscht haben, bevor sie ent-täuscht wurden. Fragen Sie sich selbst, was Sie sich von anderen Kulturen erhofft haben, wo und wie diese Hoffnung wirklich befriedigt werden könnte, wo Ihr blinder Fleck in bezug auf die Wahl von Lebenspartnern ist ... Doch diese Fragen gehören nicht in's Ethikforum. Das Problem der Bikulturalität und Ihre Erfahrung ausgenutzt worden zu sein, stehen m. E. in keinem notwendigen Zusammenhang. Im Gegenteil: aus ethisch verantwortungsvoller Sicht, müssen diese Bereiche klar und deutlich unterschieden werden! (sinnsuchen.de
11.02.02)
Die ethische Bedeutung in der Suche nach Sinn
Alles erscheint mir so oberflächlich und absurd. Das, was wir heutzutage leben, hat doch nichts mehr mit dem Ursprung der Menschen zu tun. Ich merke, wie ich mich immer mehr isoliere. Da ich keine Familie habe, ist dies auch gut möglich. Gespräche, die ich versuche zu führen, enden in einem Unverständnis, weil ich nicht mehr in der Lage bin, die Menschen zu verstehen. Es scheint fast so, als wenn ich selber nicht mehr
zu den Menschen dazu gehöre. Schon öfters habe ich darüber
nachgedacht einfach auszusteigen und irgendwo in Afrika oder anderswo
ein sinnvolles Leben zu leben, aber dazu fehlt mir auch der Mut und die
Kraft. Doch so kann es auch nicht weiter gehen
(Anonymus,04.02.02)
Doch gerade Sie, die Sie spüren, dass in unserer Welt vieles falsch läuft, gerade Sie sind wertvoll für unsere Gesellschaft. Dass Sie die Oberflächlichkeit, Absurdität und Isolation des modernen Daseins so stark empfinden, zeichnet Sie in besonderer Weise als einen sensiblen und empfindsamen Menschen aus. Ihre Sensibilität und Empfindsamkeit ist aber nicht nur eine Gabe, sondern auch ihre ganz besondere ethische Auf-gabe. Unsere Gesellschaft braucht Sie, damit durch Sie das Bedürfnis nach Menschlichkeit und Verständnis lebendig bleibt. Durch Ihr Bedürfnis, Ihre Sehnsucht nach Werten und Verständnis offenbart sich geradezu, dass Sie die herausragende Fähigkeit besitzen, wertvoll und verständnisvoll zu sein. Ihr Drang nach einer besseren, menschlicheren Welt zeigt, dass in Ihrer Seele ein Schatz verborgen liegt, den Sie den Menschen nicht vorenthalten sollten. Doch wie und wo findet man die Menschen, die einem gut tun, die einen aufbauen, die einem helfen, diesen inneren Schatz zu heben? Dass es davon in Afrika oder einem anderen Land mehr gibt, als in Deutschland, wage ich zu bezweifeln. Der erste Mensch, der Ihnen Gutes tun könnte, sind Sie selbst. Man muß sich selbst lieben, um geliebt zu werden; man muß versuchen, die Sorgen und Nöte der Anderen zu verstehen, um selbst verstanden zu werden. Doch gerade wenn man sich nicht geliebt fühlt, fällt es umso schwerer, sich selbst zu lieben. Ich kann Ihnen aber sagen, dass Sie schon jetzt gut und liebenswert sind! Sonst würden Sie gar nicht merken, dass Ihnen Liebe, Güte und Verständnis fehlen. Wenn Sie erkennen, wieviel Liebe Sie zu geben haben, werden Ihnen auch die Menschen begegnen, nach denen Sie sich in Ihrem Kampf für eine verständnisvollere Welt so sehr sehnen. Der Ursprung des Menschen, den Sie suchen, ist die
Liebe und das Mitgefühl; diese Liebe ist immer schon in Ihnen! Daher
wird es Ihnen auch bestimmt gelingen, Ihre Liebe in die Welt zu tragen
und geliebt zu werden!
Ethische Konflikte in der virtuellen und der realen Welt
Seit wir einen Internetzugang haben, habe ich aber ein riesiges Problem! In einem Chat habe ich einen ebenfalls verheirateten Mann kennengelernt und mich in ihn verliebt. Jede Nacht verbringe ich bis zu 4 Stunden im Chat und ich habe schon das Gefühl, ich könnte ihn sehen, fühlen und riechen. Tatsächlich haben wir uns noch nie gesehen!!! Da die Entfernung sehr groß ist (über 600 km) und wir unsere Ehen nicht gefärden wollen, haben wir vereinbart, es bei der Internetbeziehung zu belassen. Man sagt zwar: die Gedanken sind frei - dennoch habe
ich ein schlechtes Gewissen! Betrüge ich meinen Mann, wenn ich einen
Freund im Internet habe? Sollte ich meinem Mann davon erzählen? (Anonymus,
17.01.02)
Doch der Traum, den Sie mit einem anderen Einsamen im Chat im Internet träumen, soll gar nicht Wirklichkeit werden, daher wollen sich mit diesem Mann aus der virtuellen Welt auch nicht treffen. Nun leben Sie aber in zwei Welten: der Welt, die Sie mit Ihrem Mann teilen und der Welt, die Sie mit Ihrem Geliebten bzw. mit ihrer Vorstellung von ihm teilen. Die Welt mit Ihrem Mann halten Sie frei von Ihren Träumen, die Welt mit Ihrem Geliebten halten Sie frei von Ihrem Alltag. Tatsächlich würde ich da von Betrug sprechen! Doch der Betrug liegt nicht darin, dass Sie versuchen, Ihrer Einsamkeit zu entfliehen und dass Sie zusammen mit jemand träumen, wie das Leben mit einem anderen Partner wäre. Wenn Vorstellungen und Träume Betrug wären, wären wir alle Betrüger! Dennoch würde ich sagen, Sie betrügen: Von Betrug muß man m. E. deshalb reden, weil Sie in eine Welt fliehen, in der Sie keine Chance haben, Ihrem Mann zu begegnen und in der Ihr Mann keine Chance hat, Ihnen zu begegnen. Sie betrügen Ihren Mann dadurch, dass Sie sich selbst betrügen. Der Selbstbetrug liegt darin, dass Sie Ihr Leben nicht so gestalten, dass Ihre Sehnsucht der Einsamkeit zu entfliehen, wirklich befriedigt werden soll. In der reinen Vorstellungswelt werden Sie einsam bleiben. Ich sehe keine ethische Notwendigkeit darin, dass
Sie Ihr Gewissen dadurch erleichtern, dass Sie Ihrem Mann von der Affaire
im Internet erzählen. Hilfreich aber wäre, wenn Ihr Mann etwas
von Ihrer Einsamkeit erfährt, damit Sie ihn wieder sehen, fühlen
und riechen können, damit Sie sich gemeinsam und bewußt für
oder gegen eine gemeinsame Vorstellung vom Leben entscheiden können.
Töten oder nicht töten
Tim und Diddl können aber auch nicht reden. Ich will sie aber gar nicht essen, sondern nur streicheln. Warum gibt es Schweine, die keiner lieb hat und die
man essen darf und Meerschweine, die jeder lieb hat und die man nicht
tötet, sondern streichelt? (Lilly, 12 Jahre, Freiburg den 15.01.02)
Ich glaube auch nicht, dass es die Sprache ist, die den Menschen vom Tier unterscheidet. Vielleicht ist der wesentliche Unterschied ein anderer: Menschen können entscheiden, was sie essen, was sie töten und was nicht. Menschen sind zu Mitgefühl in der Lage und haben die Wahl Leid zuzufügen oder Leid zu vermeiden. Wenn Du ein Tier lieb hast und es lieber streicheln
möchtest, musst Du es auch nicht essen. Du darfst wohl Schweine essen,
aber Du musst es nicht tun, wenn Du dabei ein komisches Gefühl hast.
Höre auf Deine Gefühle und grüße Tim und Diddl von
mir. (sinnsuchen.de
16.01.02) |
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